Mein Ehrenamt

In der unerfreulichen Aussage des aktuellen Bundeskanzlers F. Merz, Deutsche sollten mehr arbeiten, war außerdem enthalten, dass man sich ehrenamtlich engagieren möge. In der meiner Realität sieht das alles irgendwie anders aus. Nicht nur, dass man mich so kurz vor der Rente wohl nicht mehr einstellen möchte, ich also nur sehr viel Zeit ins Bewerben investiere, merke ich zum Thema Ehrenamt: Aktive werden immer weniger und der Gegenwind nimmt zu, ganz besonders der Verwaltungen.

Ehrenamt ist nicht nur das Training der Kinderfußballmannschaft und die Begleitung von Senior:innen zum Einkauf oder in die Kirche. Es umfasst auch unbequeme Aktionen und soll auch diese als das anerkennen, was sie sind: die Beteiligung an der Gesellschaft.

Seit Längerem bin ich im Bereich Optimierung des Straßenverkehrs für Fahrradfahrende aktiv, noch nicht ganz so lang für sichere Schulwege. Es demotiviert enorm, wenn das Feedback seitens der Stadt ist, dass man ihre Arbeit behindere und sowieso keine Ahnung habe.

Doch, wir haben Ahnung. Wir lesen Fachberichte und diskutieren mit Gleichgesinnten. Wir haben nur außerdem mehr Mut und den Willen, etwas zu verändern. Ich verstehe nur zu einem geringeren Teil, warum man sich im Öffentlichen Dienst so gegen Veränderungen wehrt, so wenig Willen zur Verbesserung hat. Klar, das sind dann anstrengende Dienstjahre. Aber immerhin werdet ihr dafür bezahlt und eure Jobs sind extrem sicher. Warum betätigt also ausgerechnet ihr auch als massive Bremse? Warum betrachtet ihr es als eure Kernaufgabe, Veränderungen zu verhindern?

Dass wir im Verkehrssektor auf der Basis der jahrzehntelang stark geförderten autogerechten Stadt starten und Veränderung nur möglich wird, wenn wir dieses Ungleichgewicht sukzessive zurückbauen, sollte Konsens sein. Ist es das?

Ehrenamt ist es auch, eine innerstädtische Straße einen halben Tag für den Autoverkehr sperren zu lassen und zu zeigen, wie sich eine Straße auch anders nutzen lässt, all denjenigen die Straße für ein paar Stunden zu überlassen, die sonst vom MIV an den Rand und in die Unsichtbarkeit gedrängt werden.

Ehrenamt ist es auch, jede in Schulwege involvierte Stelle bei der Stadt um Auskunft zu ersuchen, wie sie sich bislang dafür einsetzen, dass diese so sicher wie möglich sind. Und nachzuhaken, wenn die gegebenen Antworten nicht der vordergründig verbreiteten Selbstdarstellung des unbedingten Kinderschutz entsprechen.

Textschnipsel:
Sich mit den den Hooligan-Kumpels am Wochenende im Nirgendwo zum Kloppen zu treffen, fällt da nicht mehr drunter. Auch wenn ich den Organisatoren (gendern?) zurechne, dass sie das außerhalb und unter sich ausmachen; Wenn man dann doch Rettungswagen ins Nichts ordert und die neue Kauleiste von der Krankenkasse bezuschussen lässt, ist der Beitrag an der Gesellschaft geringer als die Inapsruchnahme.

Fachkräftemangel 2

Heute habe ich eine zweite Nachricht von der Bundesagentur für Arbeit erhalten, in der um meine Geduld geworben wird. Ich würde ja nicht irgendwo arbeiten wollen, wo die Bundesagentur für Arbeit einen in Service und Transparenz überholt und dabei mit einer soliden Schicht Schlamm überzieht. Aber müsst ihr ja wissen.

Es bleibt spannend, oder viel mehr: nervenaufreibend.
tbc

Fachkräftemangel

Nachdem ich die 100. in meine Tabelle übertragen hatte, habe ich aufgehört, die zu führen. Jetzt müssen wir alle mit meiner Schätzung leben. Das ist die Antwort auf meine etwa 140. Bewerbung:

Screenshot einer automatisierten Mail, die ich auf eine Bewerbung erhalten habe. Text: Convact C Das Recruiting Team Hallo Ulrike,vielen Dank für deine Bewerbung für die Position:SEO Manager (m/w/d) mit Agentur-Erfahrung gesucht! [100% Homeoffice] Derzeit screenen wir alle eingegangenen Unterlagen.Sollte dein Profil unseren Anforderungen entsprechen, werden wir bzgl. der nächsten Schritte auf dich zukommen.Wir bitten dich also um etwas Geduld und werden dich schnellstmöglich wieder kontaktieren! Mit den besten Grüssen C.

Screenshot einer automatisierten Mail auf eine Bewerbung


Und hier steht jetzt endlich auch mal, was mittlerweile wohl der übliche Ablauf nach einer Bewerbung ist:

Sollte dein Profil unseren Anforderungen entsprechen, werden wir uns bzgl. der nächsten Schritte auf dich zukommen.

Das fasst wohl realistisch zusammen, warum ich von der Hälfte der Unternehmen und Institutionen, bei denen ich mich beworben habe, nie wieder was gehört habe. Dieses Verhalten, verantwortliche Personalabteilung, ist respektlos. Ihr sucht Mitarbeitende? Nehmt am gesamten Bewerbungsprozess teil und fordert nicht einseitiges Vortanzen.

Nach etwa 130 versandten Bewerbungen habe ich von Stepstone eine Servicemail erhalten, warum Unternehmen mich auf meine Bewerbungen hin nicht kontaktieren. Das war natürlich eine Variation ihres Newsletters und keine Mail an mich persönlich. Eine Frechheit ist es aber obendrein: Stepstone hat genug Daten von mir, um zu ermitteln, in welchem Bereich ich mich für welche Art Stellen bewerbe. Aber klar,  hypothetisch könnte es auch daran liegen, dass ich fehlerbesetzte Anschreiben versende, meine Unterlagen unvollständig sind, ich generisch statt bezugnehmend auf die Stelle schreibe. Was man als Stellenportal aber auch in den Raum stellen könnte: Viele Unternehmen und auch öffentliche Einrichtungen haben ein bestenfalls ausbaufähiges Bewerbungsmanagement. Bei vielen stellt sich aber die Frage: Was ausbauen?

Für eine Bewerbung investiere ich zwischen 30 Minuten (ich recherchiere quer, ob es passen könnte, AG ist mit einem Lebenslauf zufrieden) und fünf Tagen (ich habe recherchiert, wir würden uns richtig gut ergänzen, AG verlangt das komplette Paket mit Zeugnissen, Lebenslauf und individuellem Motivationsschreiben). Aber von der Seite, die diese Bewerbung mit ihrer Stellenausschreibung motiviert hat, nicht mal eine automatisierte Nachricht an all jene, die ihr nicht kennenlernen wollt?

Ich weiß nicht, was Personalabteilungen 2025 tun. Bei einem früheren AG habe ich mehr von HR mitbekommen als gut für mich war. Mittlerweile habt ihr anscheinend euer Hühnerknochen-Wurfsystem auf die KI übertragen und fühlt euch technologisch in eurem Unvermögen bestätigt.

Statt die KI wertschätzende und angemessen terminierte Rückmeldungen und auch Absagen koordinieren zu lassen, setzt ihr sie ein, um nach Alter und Familienmitgliedern zu sortieren? Die Arbeitsagentur sagt mir, ich muss doch nichts davon in meiner Bewerbung aufnehmen. Na klar, jahrelange unkommentierte Lücken statt Elternzeiten bleiben sicher ebenso unentdeckt wie der Rückschluss, dass jemand mit Diplom wohl älter ist als die Bachelorjahrgänge.

Dazu noch die Lowlights:

Stadt, Land, Ministerien bieten besonders gern prekäre Arbeitsverträge an. Die Jahresverträge sind da seit langem Standard. Ich habe noch ein Konstrukt der 70-Tage-Basis ohne Sozialversicherung aufgetan. Man sollte meinen, ihr arbeitet da Hand in Hand: Wohlwissend, dass eure Jobnachbarschaft soziale Absicherungen abbaut, bietet gerade ihr Verträge, die diese nicht mal mehr sichern obwohl man arbeitet. Da beschwer sich noch jemand, die linke Hand wüsste nicht, was die rechte tut.

Öffentliche Stellen, also die, denen man nachsagt, sie würden nur Dienst nach Vorschrift machen und jedes Engagement missen lassen, melden sich mit weitem Abstand am häufigsten nie wieder nach der automatisierten Eingangsbestätigung. Hätte ich mein Studium so bestritten und euch Unterlagen mal eingereicht, und mal nicht, hätte ich noch immer keinen Abschluss, mit dem ich mich heute bei euch bewerben könnte. Aber ihr könnt mich auf der Grundlage ghosten. Es hat ja auch keine Konsequenzen für euch.

tbc
Da zähle ich auf euch.

Teil 2 von vielen